2013 Sept 05 - Avenches - 1. Tattoo

Donnerstag, 05.09.2013

Der Kaffee in der Schweiz ist wirklich super! Love it ♥

Morgens ist wieder Probe in der Kaserne auf der Chanter. Die läuft allerdings nicht ganz nach meinem Geschmack und entsprechend bin ich angenervt.
Nach der gemeinsamen Chanterprobe üben alle drei Bands für sich, aber in Grüppchen in einem Raum. Ideal ist das nicht. Aber die beiden Grad 1 Bands spielen alle Stücke konzentriert durch, nur bei uns dreht sich eine Diskussion ewig um ein Throw on D das überhaupt nicht gespielt wird. Dann weiß später noch ein Trommler alles besser als Mark Wilson. Wie untoll.
Später stehen alle Trommler im Kreis auf dem Kasernenhof und üben. Einige Ausnahmen scheinen es nicht nötig zu haben, qualmen direkt daneben Zigarettchen, rennen wie die Hühner hin und her. Liegt es an der Erschöpfung der Leute? Mir ist das peinlich.

Mittags ist Rehearsal in der Arena und gleich danach das General Rehearsal. Die Sonne brutzelt vom Himmel. Die Proben sind auch gut so, denn abends findet das erste von vier Tattoo statt.

Die musikalische Leitung des ganzen Spektakels hat Christoph Walter, der auch das Basel Tattoo dirigiert.



Dieser Mensch begeistert!!!
Jeden Einsatz, jeden Ton scheint er zu kennen. Auf seinem Podest springt er während des Dirigierens schon mal einen halben Meter in die Luft oder geht in die Hocke. Meine Blicke sind auf ihn gerichtet, wenn es um die Einsätze geht. Ansonsten schaue ich gerne David Johnston auf die Finger oder einem unserer Piper von der Aufstellung gegenüber. Einmal schaue ich auch einem Piper der Vale auf die Finger - und prompt spiele ich falsch. Hihi, gut zu wissen, dass auch diese Profis nur mit Wasser kochen.
Dennoch, gegen die Spieler aus den Grad 1 Bands kann ich sauber abstinken und mein Haupt neigen.

Die meisten Spieler erholen sich. Schlafen, dösen, halten Smalltalk und warten auf die Show am Abend. Wird alles gelingen?

------------------------------------------------------

Juhu, die Show beginnt und ich bin dabei.



Part 1:
Ich habe ein super Gefühl und spiele auch gut. Mit Sicherheit wäre mein Spiel noch weiter ausbaufähig, aber dennoch bin ich zufrieden mit meiner Leistung auf der Bagpipe. Auch mein Marching hatte sich enorm verbessert.
David sagte mir noch Anfang der Woche, ich liefe wie ein Pinguin.
Er sagte PINGUIN!!! Bow, der saß!
Nun ja, eigentlich humple ich auch. Vor zwei Wochen hatte ich mir den Fuß vertreten und zudem ist meine Kniescheibe laut Orthopäde hinüber. Beim Marching unterdrücke ich das Humpeln und es scheint zu klappen. Abends sind Knie, Wade und der Fuß halt krass geschwollen. Aber egal ;-)



Pause:
Auf Monitoren kann man im Musikerzelt die Show anderen Bands verfolgen. Entweder hocke ich mich zu meiner Meute oder unterhalte mich mit anderen Musikern. Die kommen aus St. Petersburg, Österreich, der Schweiz, Polen und Moldavien in die Romandie. Dabei sind auch die Grendier Guards der britischen Queen. Die »Majesticks« sind eine geniale Trommlergruppe aus der dortigen Region, die ihre Sticks munter durch die Luft werfen und ihre Show humorvoll präsentieren. Es gibt eine Musikertruppe die Irish Folk spielt und irische Tänzerinnen schwingen ihre Beine.
Insgesamt spielen in Avenches 500 Musiker zu den Massed Pipes & Drums unter dem Motto »L'Irlande. Für Stimmung hinter der Bühne sorgt vor allem die »Showband« (die heißt so) aus Basel. Kommen Akteure vom Auftritt zurück, empfängt die Truppe die Leute mit großem Hallo. Toll!


Part 2:
Karin konzentriere Dich, nun geht es zum zweiten Mal in die Arena. Nach der russischen Band geht es los. Die Melodie die sie zum Ausmarsch spielen, kenne ich noch als Ohrwurm aus Moskau.
(Wir sind im Video unten ab ca. 5 Minuten dran, aber die Russen sind auch sehenswert)


Alle drei Pipe Bands stehen im Gang und warten auf das Kommando von Paula. Wir sollen in der Formation »shamrock« Aufstellung nehmen. Shamrock bedeutet Kleeblatt.
Die beiden Grad 1 Bands stehen rechts und links von uns flankiert. Mit den Rolls laufen sie los und wir alle beginnen zu spielen (Rose of Allendale). Damit die Formation gut gelingt laufen wir erst los, wenn die Trommler der beiden anderen Bands auf Höhe unseres Drum Majors sind. Alles klappt.
Nach dem ersten Part des zweiten Liedes (Murdos Wedding) müssen alle Bands den Circle gebildet haben, in Augenkontakt zu David stehen und das Marking Time beenden. Das Timing passt super!
Es folgen der Strathspey (Orange and Blue) und der Reel (Highroad to Linton) durch dessen zweiten Part ich mich zugegebener Weise mogeln muss. Verflixt ist der schnell. Danach folgt drei Mal der Slow Air (Farewell to Camraw). Der ist leicht, fast zum "relaxen". Der Jig (Paddy's Leather Breeches) und der Hornpipe (Itchy Fingers) runden diesen Teil ab und ich kann die Stücke. Ganz sicher ist mein Spiel noch ausbaufähig, aber okay.

Wir lösen die Formation »Shamrock« auf und marschieren mit »Atholl Highlanders« auf unsere neuen Positionen. Gleichzeitig rücken die Grenadier Guards ein und beziehen in der Mitte Position.

Dann spielt David im Solo »Highland Cathedral« wonach alle Piper und Drummer einsetzen und einen Part weiter die Grenadier Regimental Band. Das Publikum tobt!
Ich mag den Ohrwurm mit dem wir danach weiter nach vorne marschieren. Immer schön den Arm hoch. Paula gibt uns dann ein Zeichen, wenn wir uns zum Dirigenten umdrehen sollen - und ja, auch das klappt hervorragend. Wir sind mitten im Finale angekommen.



Finale:
Beim Finale spielen wir mit der Blasmusik »When irish eyes are smiling« zusammen. Nur aufpassen, dass der Sack nicht nachpfeift. Geschafft!
Als nächstes ist »Whisky in the jar« dran, das anfangs von einem Iren gesungen wird. Dramatische Musik folgt, die Stimmung steigt zum Siedepunkt´, die Pipes steigen ein. So schön hab ich es mir gar nicht vorgestellt. Aufpassen, nur die drei letzten Takte werden wiederholt. Geschafft!
Die Blasmusiker kündigen uns schon wieder »Wild Rover« an. Wegen den Gebrüdern Blattschuss ist das nicht mein Lieblingslied. Aber alles klappt bestens.
Jetzt wird es spannend. Nun kommt die »Avenches Hymne« zu der David sein Solo vorweg spielt. Sie ist echt super, die Hymne. Schon zu Hause habe ich sie mit dem mp3 geübt und mich in sie verliebt. So scheee...



Dann spielt der Solopiper von oben seinen Lament. Ich genieße.
Die Blasmusik hat wieder ihren Part und nach ihrer Einlage begleiten wir sie zum »Guisan March«. Nur nicht nachpfeifen. Nein, die Pipe ist rechtzeitig leer. Alles ist gut!

Wir spielen »Scotland the Brave« mit dem sich die anderen Musiker aus dem Staub machen. Wortwörtlich aus dem Staub, die Schuhe sehen nach der Arena immer aus wie eingemehlt und frisch aus der Wüste. Das Putzen können wir uns fast schenken, abstauben lautet die Devise viel mehr. Nach zwei Minuten laufen auf dem Boden sieht man nichts mehr von der Politur.

Dann stehen nur noch wir Pipes und Drums auf dem Platz. Auf dem Ablaufplan steht nochmals »Scotland the Brave«. Was bin ich froh, dass der »Black Bear« gestrichen wurde.
Die Rolls klingen einen Takt lang und wir sind im Mark Time. Beim zweiten Takt drehen wir uns gerade hin und marschieren auf unsere parallele Reihe von gegenüber zu. Nach dem ersten Part drehen wir uns nach vorne, sind wieder in der Spur und laufen los. Einmal countern und raus. Aus die Maus. Alles ist gut.  

Die Anspannung fällt mir ab. Mir ist gar nicht bewusst, dass ich so wahnsinnig unter Konzentration stand. Als Ian Duncan kommt und mir die Hand schüttelt, schießt mir zehnfach Pipi in den Augen. Ich schüttle noch weitere Hände und bin echt verdammt stolz. Das unerwartete Gefühl überwältigt mich.

*schniff... alles ist gut

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen