2014 Juli 30 - bye bye

Ein krasser Abschnitt:

Ich habe heute endgültig meine Hosbilt Tenor Drum verkauft.
Tat weh.
Fühle mich nackt. 
Ich glaube, sie ist in guten Händen.
Trotzdem...

Mit der Hosbilt habe ich auf Castle Esplanade gespielt. Jetzt isse weg...



Ich kaufe jetzt das Piper-Abzeichen für's Doublet und geh pipen!

2014 Juli 28 - Pipe-Diät

Montag

alles vorbei. Ich bin gelandet, aber noch nicht mental. Morgens stehe ich auf, fürchte nach der guten Verpflegung Übles. Die Waage zeigt mir aber ein Minus von 2,5 Kilo in zwei Wochen.

*juhu, ich erfinde jetzt die Pipe-Diät und werde Millionär!
Man kann essen so viel wie man will - und nimmt noch ab :-) 




2014 Juli 27 - Heimfahrt und Solo

Sonntag

Nach dem Frühstück holen wir unsere Autos im Parkhaus ab und fahren vor das Hotel. Alles Gepäck einladen und zwar flott, weil es hier leicht Knöllchen hagelt.

Nochmal großer Abschied und schon hocke ich im Auto mit Kurs Richtung Schwarzwald. Kurz nach Freiburg rufe ich beim Vorsitzenden eines Chores an. Alles klar soweit? Gibt es Änderungen?
Um 12 Uhr schlage ich zu Hause, zumindest physisch auf und bin von den Erlebnissen noch ganz erfüllt.

Aber ich brauche gar nicht lange an das Ausruhen denken. Um 17 Uhr habe ich einen Auftritt bei einem Chor in der Martinskirche in Dornstetten. Ich bin die Überraschung für den Chor. Er singt Amazing Grace und ich soll vorab ebenfalls Amazing Grace spielen. Ich summe den Klassiker, damit ich nicht in den Viervierteltakt rutsche - so ich es zwei Wochen lang in Basel gespielt habe.

Wichtig ist der Umbau der Pipe. Die normalen Drone-Reeds (Selbie) müssen rein und ich kann wieder meine G1-Chanter mit dem guten Eezy-Reed verwenden. Hoffentlich bekomme ich sie gut gestimmt. Ich spiele mich ein und danach prüft Ingo die Drones mit dem Stimmgerät. Passt.

Im Fulldress fahre ich nach Dornstetten. In einem Waldstück stimme ich die Pipe nochmal nach, dann suchen wir suchen die Kirche. Witzig, vor ca 19 Jahren habe ich bei einem Malwettbewerb genau diesen Torbogen mit Pastellkreide gemalt und als Gewinn einen Reisekoffer gewonnen - den ich wenige Stunden vorher noch ausgepackt hatte. Vor meinem geistigen Auge malt sich das kuriose Bild auf, zum verabredeten Zeitpunkt in die falsche Kirche einzulaufen und keiner hockt da - ich kriege einen Lachanfall.

Um 16.50 Uhr: »Ingo, geh doch mal gucken, ob da wirklich Leute drin sind«. Die Kirche ist nicht besonders groß, aber samt Empore rappelvoll.
Schon kommt Dirigent Platschko auf mich zu, er freut sich riesig drauf den Chor und das Publikum überraschen zu können. Bei offener Tür soll ich im Freien einmal Amazing Grace spielen. Ich habe Lampenfieber. Hallo? Was soll das jetzt? 

Erste Strophe vor der Tür.
Zweite Strophe im Eingang.
Aha, da sind zwei Stufen.
Die Stufen gehe ich am Ende des Parts spielend herunter und schreite an zwei Kameras und einem Rollstuhl vorbei zum Chor vor. Ich drehe mich zum Publikum um und spiele die dritte Strophe zu Ende. Danach stelle ich mich dekorativ zum Chor dazu, der Amazing Grace in seiner Tonart singt. Das macht er sogar echt super.

Der Pfarrer begrüßt das volle Haus. Der Vorsitzende gibt sein Grußwort und freut sich, dass ich direkt aus Basel komme »... und Internationalität mitbringe« :-)

Ich bekomme noch Milka-Schokolade-Herzchen in die Hand gedrückt, mit denen ich stilvoll ausmarschiere.

Zur Eröffnung des Konzerts ist Amazing Grace gewünscht



Der Liederkranz Dornstetten singt klasse!
Die Kirche ist rappelvoll

  
Ein paar Wochen vorher sehe ich das Plakat hinter einer Autoscheibe :-)




Hab vor Jahren in Dornstetten einmal diese Tür gemalt
- und prompt einen Reisekoffer gewonnen *hihi  :-)

2014 Juli 26 - Last Show

Samstag

Der Samstag ist nochmal der Knüller. Die Koffer haben wir bereits weitgehend gepackt und ruhen nochmal aus vor dem Sturm. Alle wissen es, heute wird es anstrengend.

Es steht am Nachmittag eine Parade mit 42 Gruppen durch Basel an. Die Teilnehmer kommen aus aller Welt, aber auch aus der Region. So laufen die Vereinigten Kleinbasler mit der Australian Army Band und die Historische Radfahrer Kompanie marschiert in der Nähe der Band & Bugles of the Rifles und alle zusammen geben ein buntes Bild ab. Das Zuschauen macht sicher Spaß.

Schon geht es zum Mittagessen, gleich danach heißt es umziehen und wir brechen mit den Bussen auf. Gestimmt wird erst am Startpoint der Parade, die beginnt um 14 Uhr am Münsterplatz. Ich suche nach Bekannten, sehe aber bis auf die Showband von Avenches keine. Wir sind die zweitletzte von 42 Gruppen, hinter uns kommt nur noch die Singapore Armed Forces Central Band. Vor uns spielt der Fanfarenzug aus Nusplingen.

Es gibt drei Sets die im Wechsel wiederholt werden. Green Hills - When the Battle is over - Lochanside, Black Bear - Scotland the Brave - Highland Laddie - und unser March on nach dem Slow March. Zwischen den Sets gibt es kaum Pausen zum verschnaufen. Die Trommler spielen ein paar Takte und schon geht es weiter. Drum Major ist Peter Gies. Es müssen 2,5 Kilometer quer durch die City gespielt werden *uff
Wahnsinnig viele Leute säumen den Straßenrand, klatschen, freuen sich. Toll! Das motoviert zum Weitermachen, auch wenn so langsam die Puste ausgeht.
Jetzt geht es nicht mehr lange, denke ich mir, als wir auf der Brücke stehen und Wasserflaschen herum gereicht werden. Aber die Parade zieht noch einen Schlenker durch den Park und ich gestehe, eine Weile lang spiele ich (nicht als Einzige) Pantomime. Gegen Ende bin ich wieder dabei, Ehrensache.
Auf der Claramatte gibt es endlich Erfrischungen und sogar Eis wird verteilt. Jetzt ein Sofa, das wär´s. Aber statt Sofa treffen wir uns am Rhein, denn die Pipes müssen für die erste Show um 17.30 Uhr schon wieder getunt werden.

Basel Tattoo Parade 2014

Die erste Show läuft echt super, wobei schon etwas Wehmut mitschwingt. Unsere letzte Mahlzeit gibt es vor dem ersten Finale. Ich möchte nochmal Claudia besuchen und habe drei Mal kein Glück. Dafür finde ich die blauen Basel-Tattoo-Fähnchen am Infostand und bringe gleich zehn Stück mit zu unserem Rudel, das gleich begeistert Fähnchen wedelt. Also zehn reicht nicht, ich organiaisere nochmal mindestens 20 Fähnchen, die dann gerade so reichen. Im Finale Schnittchen schneidet wieder Grimassen und gestikuliert wie wild *hihi

Bill Wotherspoon verabschiedet sich in der Pause zwischen beiden Shows von mir und empfiehlt mir, immer fleißig zu üben. Tunen am Rhein auf den letzten Drücker, anziehen für die letzte Show. Schon vorbei? *schniff...

Ich reihe mich in meinen Platz ein und warte mit den anderen auf das Kommando, das der Drum Major brüllt. "Massed Pipes and Drums, by the center, quick march..."
Davor fliegt draußen noch ein Überflug des PC7 Staffel-Teams der Schweizer Luftwaffe statt. Ich sehe das Video erst später. Wahnsinn!

Hier ist der Link zu einem Video auf Facebook:
https://www.facebook.com/photo.php?v=915701688462284&set=vb.189313231101137&type=2&theater


Wir schreiten einmal mehr im Bühnennebel durch das Tor und mein Spiel läuft gut. Ich bin in einer perfekten Kondition. Da brüllt Mariusz hinter mir etwas. Hilfe, stimmt etwas nicht mit meinem Plaid? Vielleicht hat er nicht mich gemeint. Ich spiele mein Ding, aber beim ersten Countern brüllt Mariusz schon wieder. Oh mein Gott, denke ich. Einem Piper haben sie einmal in einer letzten Show den Kilt in den Gürtel gesteckt - der arme Kerl lief mit nacktem Hintern über den Platz und das Publikum bog sich ständig vor lachen.
WAS WENN MIR SO EIN STREICH GESPIELT WURDE???      
Mariusz brüllte schon wieder was beim Countern.
Wir gehen in die Formation des keltischen Kreuzes. Einmal muss ich dann doch - verbotener Weise - nach meinem Plaid greifen und prüfen, ob der Kilt sitzt. Scheint okay zu sein. Schon ist March off und ich frage Mariusz was war. Er hatte einen Buben vom australischen Scots College verarscht und freue sich tierisch drüber, dass er gleichzeitig damit veralberte. Frechdachs ;-)


Vor dem letzten Finale sollen wir auf jeden Fall zusammen bleiben, weil Stuart Samson kommen wollte. In der Arena landen derweil mehrere Fallschirmspringer und das Publikum flippt aus. Die letzte Show wird die absolut schönste.

Die schweizer Jungs die hinter der Bühne immer das Lied der Australier mitgesungen und für Partylaune gesorgt haben, stiegen auf. In der letzten Show sollen sie auf den Tribünen das Publikum zum Mitmachen animieren auf. Die haben es mit ihrem Gag bis in die Show geschafft *hihi



Die Australier werden bei ihrem letzten Run gebührend verabschiedet. Auf der einen Seite rennen sie aus der Arena hinaus, flitzen um die Ecke und müssen gleich auf der anderen Seite wieder einmarschieren. Was für eine Stimmung jedes Mal, wenn die Aussies angefeuert werden.

Alle warten auf den Run der Aussies

Der letzte Run der Aussies




Dann sind auch schon wir dran, reihen uns ein, um mit Celtic Crest unseren letztes Finale zu beginnen. »Ein Stern der Deinen Namen trägt« kommt wieder super an. Das Publikum zollt seine Begeisterung wie immer mit Standing Ovations. Aber alles scheint noch glamouröser zu sein, noch intensiver. Die Orchester verlassen uns und wir marschieren mit Black Bear - Scotland the Brave und Highland Laddie zum letzten Mal raus.

Wir sollen die B-Flat Chantern noch bei Eric abgeben, was ich noch völlig berauscht total vergesse. Als ich an der Castbar mit dem Musikerstrom vorbei laufe, hockt Bill Wotherspoon da und lacht mich an. Nochmal drücken. Wir sehen uns erst im September in Arnheim wieder. Ja Bill, ich übe bis dahin weiter.
Ich heule vor Freude dicke Tränen. 
Basel 2014, ich hab dich geschafft!



Posieren unter den Zelten


Im Zimmer geht es schnell. Die meisten Utensilien sind schon gepackt. Pipe grob auseinanderbauen und im Case verstauen. Da fällt mir ein, dass ich die Chanter noch abgeben muss. Zwei Minuten später steht Stuart Samson höchstpersönlich da und ich kann ihm die Chanter mit einem Dank selbst mitgeben.
Im Case hat auch das Plaid noch Platz. Schuhputzzeug und zwei Taschen dazu. Hab ich alles? Auf geht's zum Hotel. Wir stapfen zu dritt los und schleppen das schwere Gepäck mit uns. Kurz duschen und dann geht es noch auf ein Bierchen in die Castbar. All zu wild wird es gar nicht. Ständig muss man Abschied nehmen. Simone und ich ziehen irgendwann mit Dennis und Daniela bettwärts. Dennis muss in der Arena noch den Boden küssen und wir unterstützen ihn dabei.
Todmüde fallen wir danach in unsere Heia.

Dennis knutscht den Boden, Simone und ich stehen Spalier ;-)


2014 Juli 25 - eingetaucht

Freitag

Mit Bill quatsche ich über Reeds und Chantern. Seit fast zwei Wochen bin ich jetzt schon völlig in die Pipe-Welt eingetaucht. Gerne nehme ich die vielen Tipps von Adrian und Andrea, von Simone, Jörg und Barbara, von Jenn, Mariusz, Diarmid, Sam und Bill an. Alle sind sehr bemüht, eine gute Show abzuliefern. Sam war auf der Kadettenschule. Sein Marching ist der Hammer, ich schau es mir ab und versuche die Bewegungen zu kopieren. Mein Gehör wird immer besser, plötzlich fallen mir kleine Unstimmigkeiten auf.

Überblase nicht den Sack...
Schau, so kannst Du den Birl schneller und exakter spielen...
Die Gracenotes muss man deutlich hören können...
Tippe den Takt mit beiden Füßen im Wechsel...
Schau beim Slow March immer geradeaus in die Ferne...
Verlagere Dein Gewicht nach hinten... 
Vergiss nicht die 1 zu betonen...
Lass Dich bloß nicht entmutigen...
Übe weiter...
...

Da hab ich Material zu lernen


Stuart Samson hat ein Buch mit schönen Tunes geschrieben, das möchte ich gerne kaufen. Es kostet zehn Euro oder 15 Franken. Da ich nur einen 20-Euro Schein dabei habe und niemand wechseln kann, richte ich eben 15 Franken her. Stuart will mir das Buch selbst bringen und ich freue mich riesig, dass ich eine Widmung dazu bekomme. Nach dem March on der ersten Show fällt mir ein, dass ich das Geld vergaß ins Doublet zu stecken. Von Eric bekomme ich den Schlüssel und will es holgen, die 15 Franken lagen ja auf dem Tisch bereit. Ich komme an und die Kohle ist weg. Gibt es das? Ich suche alle Taschen durch... aber nix. Hallo? Zum Mäuse melken. Okay, dann suche ich später nochmal. Stuart wird hoffentlich nicht kommen.
Ich gehe wieder zu unserem Rudel und wer steht da? War ja klar. Stuart strahlt mich an und überreicht mir das Buch. Was bin ich happy! Aber ich stottere mit meinem miesen Englisch »But I have no money«, versichere Stuart, dass er sein Geld später bekommt - und sorge damit für eine Lachsalve im Team. Warum passieren immer mir solche Dinge?
Trotzdem bekomme ich noch ein Foto mit Stuart. Habe ich schon einmal bemerkt, dass ich ihn dermaßen schätze? 200 Punkte hatte Stuart in Freiburg gewonnen, als er mit den Wasserflaschen durch die Musiker lief, damit wir wirklich genug trinken.
DAS machen nicht alle Senior Pipe Majors! Was für ein super Mensch - und Piper ohenhin.  

Stuart Samson und ich


Das Buch halte ich in Ehren


Im Zimmer suche ich noch ewig. Nix. Will nicht glauben, dass es jemand das Geld eingesteckt hat. Band ist Familie. Da ist Vertrauen da. Später in der Castbar schaue ich in meine Bauchtasche und finde 15 Franken. Paaaah.... Ich bin überzeugt, ich bekomme mal Alzheimer.   

In der Castbar lerne Damians Andrea kennen. Ich schleiche in den VIP-Bereich und gebe Stuart sein Geld. Das Schnittchen steht bei ihm *grins...
Die Musik in der Castbar ist der Hit. Unglaublich, aber Jonas rockt mit seiner Panflöte den ganzen Laden. Irgendwann hat der kleine Zeiger hat die 3 überholt. Peter begleitet mich quer durch das Rotlichtmilieu zum Hotel zurück. Das Leben ist schön :-)

Ein Piper nutzt die Pause in unserem Zimmer für ein Nickerchen

2014 Juli 24 - Freiburg

Donnerstag

Nix mit Ausschlafen.
Um 8.45 gehen wir vom Hotel zu unserem Zimmer am Tattoo-Areal. Heute stehen eine Parade und ein Mini-Tattoo in Freiburg an. Die Sonne brilliert aber wir freuen uns, dass wir Half Dressed gekleidet sind. Laut Order: Unten Fulldress, oben ein weißes Hemd mit Unterhemd. Mit den Bussen fahren die für die Parade auserkorenen Musiker los.

Um 11.30 beginnt die Parade zum Stühlinger Platz. Das bedeutet, raus aus den Bussen, stimmen und los. Wir spielen mit »Green Hills - When Battle is over - Lochanside« im Wechsel zu »Scotland the Brave - Rowan Tree - We're no awa tae bide awa« solide Klassiker.

Am Mini-Tattoo-Areal treffe ich meinen Neffen Theo und seine Freundin Claudia. Beide studieren in Freiburg. Schön, dass sie mich besuchen :-)

Wir spielen eine abgespeckte Version des Programms. 4000 Leute säumten die Straßen, 6000 hätten beim Programm zugeschaut. Oder war es andersrum? Zu meiner Begeisterung spielen die Orchester gegen Ende das Badnerlied. *juhu...

Zum Mittagessen gibt's schwäbischen Kartoffelsalat mit Ripple.

In Basel angekommen haben wir noch zwei Shows zu spielen. Au Backe, der Tag ist wirklich heftig. So ein wenig lässt auch die Konzentration nach, trotzdem ist die Leistung noch gut und viele Abläufe haben sich automatisiert. 
Ein neuer Bassdrummer heizte bei der ersten Show March on, Set und March off dermaßen zackig an - so schnell waren wir noch nie fertig *lol
ABER wir konnten überraschender Weise spielerisch mithalten. Was für eine Gaudi :-)
Der Basstrommler bekam aber sicher eine auf den Deckel *grins

Nach der letzten Show gibt es mal wieder eine fröhliche Feier in der Castbar... Die Schweizer Jungs haben sich in Frauenklamotten und heiße Dress geworfen. Einer trägt ein durchsichtiges Kleid mit rosa Stringtanga zu seinem bemerkenswert knackigen Po. Upsi, und zwei Jungs knutschen miteinander. Heieiei... aber jedem das Seine.
Wir feiern und es ist halb vier als wir am Ende auf die Uhr schauen. 


Ganz bestimmt ist das unser Bandbus

Die Mädels frieren doch etwa nicht?

Selfie: Lustig war es in Freiburg

2014 Juli 23 - Spats ab

Mittwoch

Herrlich, wir können ausschlafen. Ich schaue verpennt auf den Wecker und sehe erst 9:50 Uhr.
»Barbara, wach schnell auf, dann bekommen wir noch einen Kaffee!«
Aber Quatsch, es ist 10:50 Uhr und den Kaffee können wir an den Nagel hängen. Der Körper hat das Schlafen wohl gebraucht.
Schon gehen wir Richtung Mittagessen und schließen bald ein Eis an.
Beim Anziehen kracht Barbaras Nadel an der Brosche, aber Adrian hat eine Zweite dabei und kann sie ausleihen. Meine Broschennadel ist auch nicht mehr ganz fit. Ich schreibe eine neue Brosche auf die Geburtstags-Wunschliste auf.

Um 16 Uhr versammeln wir von der RBL uns alle im Zimmer und halten eine Schweigeminute für die vielen Opfer des Flugzeugabschusses. Heute wird ein Teil der sterblichen Überreste mit dem Zug eintreffen. Alle sind nachdenklich. Von einer Familie fuhren die drei Kinder mit dem Opa in Urlaub. Jetzt sind alle tot. Wie geht es wohl den Eltern? Das muss doch die Hölle sein. Aber jedes Schicksal ist schlimm. Wir tragen ihnen zu Gedenken während der Show Trauerflor am Doublet. 

Stuart Samson kommt, um mein Reed zu checken ins Zimmer. Ich darf den Sack nicht überblasen.

Das Publikum schwitzt heute und fächert sich Luft zu.
Ich schwitze noch mehr. Schon mal mit vergessenen Spats in der Show gestanden?
Um die Spats beim Stimmen nicht einzusauen, hattee ich sie weggelassen. Zwei Minuten vor Toröffnung fragt mich Mariusz, wo meine Spats seien. Viel zu spät, um sie noch zu holen.
Schock...
»I will die... I don't play the show« (Möge sich der Boden öffnen und mich verschlucken)
»Sorry, you must«
Es ist erstaunlich, wie oft man danach für seine hübsche weißen Spats bewundert wird.
Das kostet eine Runde Bier in der Castbar, ist ja klar.

Einen Tag später können wir gerade noch Jenn retten. Fast wäre sie ohne Glengarry in das Finale gelaufen.

Nachtrag:
Als ich am Sonntag nach Hause komme, finde ich in unserem SchwaBo einen Artikel über die Festivals und das Tattoo in Edinburgh im August. Dabei ist ein Foto von der Massed Band, darunter ein Piper mit vergessenen Spats. Sachen gibts *lol

Party in der Castbar mit der Royal Air Force

Ich bin offenbar nicht die einzige Piperin ohne Spats :-)






2014 Juli 22 - Schoki

Dienstag

Wir drei Mädels pilgern durch Basel und überfallen einen Schokoladeladen. Angenehm kühl ist es dort. Sooo leckere Sorten, gaaanz frisch gemacht. Während sich Simone und Barbara eindecken, kaufe ich nur eine Sorte Schoki von einer zartbitteren brasilianischen Kakaosorte. Ich hoffe, es ist die Sorte von der ich schon von einem Pralinenprofi vorgeschwärmt bekam, dass sie so saulecker wäre. Aber ich glaube nicht. Gut schmeckt sie trotzdem. Ich bringe sie meinen Männern mit. Bei Simone gibt es später Kaffeeklatsch auf dem Zimmer.

Am Abend ist nur eine Show im Programm vorgesehen. Heute findet der zweite Part der TV-Aufnahmen statt, deshalb spiele ich nur beim Finale mit. Kommen die Kollegen aus dem ersten Teil der Show zurück, halten Eric und ich Wasser für sie bereit. Ich bin selbst froh, wenn ich nach dem Pipen Wasser bekomme. Meist trinke ich einen halben Liter auf einmal leer.
Es regnet kaum der Rede wert. Zwischen der Show haben alle Lust auf Fotos und wir knipsen munter mit den Handykameras drauf los. 
Claudia, eine Facebook-Freundin, steht plötzlich da und winkt. Sie arbeitet am Merchandise-Stand. Schön sich mal live zu sehen. Wir wollen uns gerne mal treffen, aber irgendwie haut es nie hin. Schade.
Ein lieber Mensch konnte mir noch eine Freikarte besorgen. So kann ich Alexandra eine Freude machen und die flippt fast aus. Am Donnerstag kann sie das Tattoo anschauen. Wie aufregend alles ist.

In der Castbar geht es abends rund mit der Royal Airforce. Irgendwer dreht dort immer an der Uhr. So schnell kann die Zeit doch nicht zu Ende gehen?


Claudia und ich.

Ein Bandfoto auf engem Platz.

Von links: Jörg, Karin, Adrian, Simone, George, Barbara und Bill. 

2014 Juli 21 - Schnittchen

Montag

*froiii... morgens bekomme ich Besuch von einem lieben Bekannten aus Solothurn. Ein Käffle, viel quatschen und schon muss er wieder los.

Mariusz ist krank, Erkältung. Barbara und ich wühlen in unseren Reiseapotheken und graben die passenden Mittelchen heraus. Immer noch aufgeregt läuft Barbara in die Kaserne, um nach ihrer Uniform zu sehen.
Ich bringe Mariusz die Medis - und ruckzuck bekomme ich eine Lerneinheit.

Zuerst motiviert er mich, die Zirkularatmung zu lernen. Ich bekomme Tricks gezeigt, wie ich diese Atemtechnik lernen kann.
Danach lerne ich den Birl auf eine neue Weise, mit der er überraschend schnell klappt. In den Tunes ist die neue Griffweise noch ein wenig ungewohnt. Die Umstellung braucht aber weniger Zeit als erwartet.

Weiter geht's zu den G-D-Es auf und ab. Ich verkrampfe mich zu sehr. Bei Mariusz sieht alles so locker aus. Ich muss einfach dran bleiben und viel mehr Technikübungen machen.


Nach dem Mittagessen drehen Simone, Barbara und ich eine Runde durch die Stadt. Dort treffen wir einen Piper, der als Straßenmusiker sein Taschengeld aufbessert. Klar, da lassen wir ein paar »Frrränkchli« in seinen Koffer klimpern. Wir finden den Weg aus dem Musikladen nicht mehr raus, tröten in Digderidoos, klopfen auf Cajons und lesen Trommlerwitze (Trommler beim Psychologen. "Was ist denn ihr Probl..." - "Timing").

Abends ist erste TV-Aufnahme. Barbara hat als Einzigste eine frisch gewaschene - wenn auch noch nasse - Uniform und die weißesten Spats von allen . Ich spiele die Show nicht mit, poliere mich aber für das Finale auf. So langsam kann man über den Zwischenfall lachen.

Die Show wird nass, aber egal. Zwischen March on und Finale machen wir Fotos vor dem schwarzen Hintergrund. Sonst läuft alles routiniert. Beim Finale ist Schnittchen in voller Fahrt und trotz Regen in Höchstform und wird seinem Namen wieder mehr als gerecht. Auf seinem Podest hüpft er, freut sich wenn die Musik gelingt.... Hihi, man sieht jede Gefühlsregung die Schnittchen gerade durchspült  *anhimmel....
Barbara freut sich, dass es heute »nur Wasser« regnet. Wie man doch für so kleine Dinge eine tiefe Dankbarkeit entwickelt :-)

Stuart Samson lobt uns nach der Show für das Durchhalten bei dem Pisswetter. So eine kleine Anerkennung zwischendurch tut echt gut.

Nach der Show treffen wir in der Castbar Daniel und Patrick, zwei Helfer, und haben tierisch Spaß zusammen. Barbara will noch Dean Hall dazu kriegen, den Hai zu machen - was auch immer das ist.




Drei Weiber auf der Rheinbrücke.

Gut, dass es auf Fotos keinen Ton gibt.

Hübsch dekorierte Tür.

Überall in der Stadt sieht man das Basel Tattoo.

Lustige Fotos vor den Plakaten.

Mit Barbara und zwei Mal George :-)

Mit Pipe Major und Drum Major.


2014 Juli 20 - zum Kotzen

Sonntag

Es wird es fast schon peinlich, wie wir den Vormittag mit Herumgammeln verbringen. Aber die Erholung tut gut.

Der Wetterbericht erklärt uns mit einer Unwetterwarnung, dass wir heute nass werden - und zwar richtig. In der ersten Show kommen wir noch glimpflich davon. Es schüttet nach dem March on bis vor das Finale.

Dazwischen treffe ich Stuart Samson. Einige Musiker wollen gerne die B-Flat Chantern kaufen und Stuart schlug jetzt vor, eine Sammelbestellung mit einem günstigen Preis einzuleiten. Ist das nicht super? Außerdem wird einer Größe wie Stuart Samson sicher keine Montagsware geliefert.Ich freu mich.

Wir stimmen die Pipes nochmal am Rhein, wie üblich im Circle. Vor mir ist das Lied zu Ende und alle hören auf zu spielen. Ich soll jetzt allein ein Stück spielen -- während mir zehn erfahrene Augenpaare auf die Finger gucken, darunter sogar ein Judge (Bill). Hey, geht gar nicht, oder? Da kommt man sich vor, wie auf der Schlachtbank. Simone, Jörg und Barbara sehen meine Not und setzen wieder ein. Es herrscht einfach Zusammenhalt. Ach, tut das gut. Danke!

Als sich das Tor zur zweiten Show öffnet, bekommen alle einen leicht verzweifelten Lachanfall - es schüttet wie aus Kübeln. Jörg jubelt, bei Regen flutscht der Birl so gut! *hihi
Na gut, dann raus in den Spaß!  Tschagga... one... two...

Es sieht ja schon faszinierend aus, wie sich die Lichter im klatschnassen Boden spiegeln. Hat was! :-) Das Publikum ist echt tapfer und hockt in den gesponserten Regencapes auf den Plätzen.
Ruckzuck ist nicht nur meine Pipe nass, nach dem ersten Tune (The 6th June) dringt das Wasser durch meine Jacke.

Durchtränkt hocken wir in unserem Eckchen und nehmen die nasse Tatsache mit Humor, während es bei der Show der Royal Airforce blitzt und donnert. Der Seerosenteich der Chinesen bekommt jetzt eine richtig authentische Kulisse *hihi.
Dann kommen die Australier, das Zeichen für die Pipibox und raus geht's ins Finale. Ich fasse es nicht, aber tatsächlich hört es auf zu regnen. Wir spielen den »Stern der deinen Namen trägt« völlig unerwartet im Trockenen.

Barbara lässt sich bei dem Typen bedanken, der im Publikum beim Ausmarsch vom Finale über die oberste Reling gekotzt hatte. So eine Schweinerei!  Es erwischt vier oder fünf Piper mit Erbrochenem, das aus der Höhe nach unten spritzt. Da Barbara eine andere Linie unterstützt, bekommen wir das Desaster erst mit, als sie völlig fassungslos und entnervt in unser Zimmer im Backstage stürzt. Ihr Glengarry gleicht einer Kotzschüssel. Schnell sind helfende Hände da. Armes Mädel.

Barbaras Kilt, das Doublet, das Plaid und auch der Bezug der Pipe kommen in die Reinigung. Die Leute vom Tattoo sind sehr darauf bedacht, dass schnell alles wieder gut wird. Schweizer eben.
Werden die Sachen bis zur Show am Montag nicht fertig, entgehen Barbara die TV-Aufnahmen, fürchtet sie. Glaube ich aber nicht.

Nach einer Woche rauchfrei hockt Barbara - noch immer geschockt - in der Castbar mit einer Kippe in der Hand. Sandys »Eistee« tröstet und ich hole ihr ein Bier, doch Bill ist schneller mit dem Bezahlen. Danach will sie nur noch ins Hotel - in die Dusche.

Ich bleibe noch ein wenig und lerne den Musiker Kevin kennen, an dem ich beim Finale immer vorbei spaziere. Er grinst mich dabei jedes Mal breit an. Was für ein witziger Typ :-) Endlich kann ich auch mal ein paar Worte mit der Klarinettenspielerin wechseln. Sie steht rechts von mir und heißt Rachel.

Der Tatort:
Barbara lässt empört ausrichten: »Da oben stand der Kotzer!«

So eine Dusche will niemand. 



Regen macht schön


2014 Juli 19 - Videodreh

Samstag

Morgens ist ausgiebig chillen angesagt.
Mittags hocken wir dafür am Rhy und strecken die Füße ins Wasser... aaaaaah :-)
Im Wasser sind eine Menge Schwimmer. Der Gag ist es, drei bis vier Kilometer flußaufwärts mit einem "Fischli" ins Wasser zu gehen, um von dort aus mit der Strömung nach unten zu treiben. Ein riesiger Spaß. Das "Fischli " ist ein Sack, in dem man seine Utensilien wasserdicht verstauen kann. Mit Luft gefüllt verschlossen dient der Sack gleichzeitig als Schwimmhilfe.
Liliane warnte aber davor. Zu gefährlich sei das Schwimmen mit dem Treibholz und den Bojen. Ich beobachte eine Boje die vom Wasser umspült von einem Schwimmer wohl kaum gesehen werden kann. Wenn sich da mal niemand daran verletzt. Barbara hatte im Jahr vorher schon Bekanntschaft mit der Kette einer Boje gemacht. Trotz Schmerzen an ihrem mit Blutergüssen übersäten Bein spielte sie das Tattoo.
Abends sagt mir Liliane in der Castbar, dass ein Schwimmer offenbar vermisst werden würde.
Dann lassen wir das mal mit der Schwimmaktion bleiben. Ausfallen können wir nicht.

Wir sind zehn Piper und haben neun Plätze zum Spielen.
Das bedeutet, dass ein Piper übrig ist, oder vielmehr in Bereitschaft ist, um im Notfall einzuspringen. Ich möchte am Samstag meinen Platz in den beiden Shows Bill "schenken".  Bill ist 64 Jahre alt und spielt seit 54 Jahren. Außerdem ist er Judge bei Competitions. Kurz gesagt, gegen Bill kann ich schlicht abstinken. Er genießt meine allergrößte Hochachtung!

Die Chance möchte ich dazu nutzen, um ein Video zu drehen.
Klappt das Countern gut? Gibt es Schwachstellen? Ich schleiche mich ins Publikum und möchte von einem Aufgang aus aufnehmen. Schnell werde ich verwiesen. Dafür sagt man mir, ich dürfe beim Pfosten an der Treppe stehen. Die Sonne knallt runter, und es dauert eine ganze Weile bis das Publikum endlich hockt.

Es geht los und ich starte. Nach Sekunden merke ich, dass die Handykamera auf Foto steht.
Toll Karin! Schnell umschalten. Kurz vor Ende des Sets werde ich aber von einem Mitarbeiter des Staff verjagt. Für den March off hat es leider nicht gereicht. Aber immerhin habe ich das Wichtigste.

Nach dem Tunen vor der zweiten Show soll ich doch spielen, eine andere Piperin pausiert.  Gerne spiele ich die Show :-)
Vor dem Finale sind die Australier das Zeichen, nochmal Richtung Pipibox zu spazieren. Sie spielen »Mathilda«, unsere Aussies, sooo schön...


Füße im Rhy

Ganz Basel ist vom Tattoo-Virus infiziert

Schwimmen im Rhy
Die Boje sieht wie eine Gefahrenquelle aus
Das Publikum füllt alle Plätze.



2014 Juli 18 - Premiere

Freitag

Ausschlafen bis 9.30 Uhr, gemütlich frühstücken, chillen, shoppen, Essen gehen (Rehgulasch yummi), ausruhen. :-)

Dann geht's los um 15.30 Uhr rum los. Raus aus der kurzen Hose und dem Shirt, rein in das Fulldress bei 30 Grad, wobei vorerst Half Dressed reicht. Wir tunen die Pipes, denn um 17.30 Uhr beginnt die Show für den Sponsor Coop, ohne den das Tattoo gar nicht möglich wäre.

Die Pausen sind wirklich wichtig, um Kraft zu haben. Ich flicke meine Schleife am Glengarry, die hat sich gelöst. Die Blackcock Feather nähe ich auch noch fester an. Schon muss das Fulldress fertig angelegt werden. Das Doublet klebt sofort an der Haut fest. Adrian hilft mir das Plaid anzuziehen. Ein Blick in den Spiegel, Glengarry auf dem Kopf, es kann losgehen.

Wir reihen uns im Gang unten gemischt auf. Je ein Swiss Highlander und ein RBL (Royal British Legion). So kommt die Masse an Pipern und Drummern am besten raus. Ein zierlich gebauter und etwas verwirrter Piper wird von einem anderen am Kragen gepackt und an seinen Platz gestellt *hihi
March on - Set - March off während die Sonne brutzelt und sich meine Freundin im Schwarzwald überlegt, ob sie besser ins Schwimmbad geht oder sich im Garten in den Schatten legt.

Über der Ukraine wurde ein malaysischer Reiseflieger aus den Niederlanden Richtung Koala Lumpur abgeschossen. Den Opfern dieses unfassbaren Anschlags wird während der Show gedacht. Ich habe einen dicken Kloß im Hals und auch George gesteht später, dass er bei dieser berührenden Geste feuchte Augen bekam. Voller Respekt erhebt sich auch das tolle Publikum.

Ruud kümmert sich darum, dass wir genügend Wasser trinken. "There is your water? One, two...", ruft er. Wer bei drei keine Trinkflasche zeigen kann, bekommt die gelbe Karte. Der Spaß mahnt jedes Mal humorvoll daran, genügend zu trinken :-)

Ebenfalls werden wir von Eric super versorgt. Einmal kommt er mit Wasserflaschen daher, ein anderes Mal erledigt Eric wichtige Besorgungen. Die Tür zu unserem Raum im Backstage ist immer geöffnet - oder, wenn nicht gebraucht, zur Sicherheit verschlossen.
Danke Eric!

Die Buben der Scottish School aus Sydney wecken meinen Mutterinstinkt. Beim Einmarsch ins Finale stehe ich an letzter Stelle, hinter mir kommt Ruud mit der Bassdrum. Neben mir steht so ein Büble und schaut unsicher aus. Ich beruhige ihn, alles wird gut :-). Als wir einmarschieren flitzt der Krümel los - von wegen Dressing. "Stay at me", rufe ich noch rechtzeitig. Der Kleine erschrickt, schließt mit mir auf. Alles wird gut :-)

Nach der Show gehen wir in die Castbar *juhu
Ab 1 Uhr gibt es Freibier *juhuuu
Ich treffe erstmals meine Facebook-Freundin Liliane *juhuuuuuuu
Die ganzen Helfer arbeiten ehrenamtlich, erfahre ich.
Betonen muss man eh, dass die Schweizer immer freundlich und hilfsbereit sind. Wir fühlen uns super versorgt und betreut! Tolle Organisation!

Liliane warnt mich aber deutlich, nicht alleine den Heimweg anzutreten. Zu gefährlich nachts. Ich denke erst, sie übertreibt. Schließe mich aber doch Sandy und Andrea an, die sogar Polizistin ist. Zu Dritt legen wir einen Spießroutenlauf durch das Rotlichtviertel hin. Noch nie habe ich so viele Stricher und Huren, darunter die Hälfte umgebaut, auf einem Haufen gesehen. Danach kommt eine Strecke mit Dealern und echt unheimlichen Gestalten, die sich im Halbdunkel tummeln. Ich komme mir vor, wie im Film. Nein, nicht gut, hier als Mädel allein zu laufen.













2014 Juli 17 - Rehearsal Show

Donnerstag

Ich muss noch dringend einen Zeitungsartikel abschicken und hänge morgens noch am Laptop.

Abends ist Rehearsal Show. Mein Mann Ingo kommt, Schwiegermutti auch. Hoffentlich gefällt Ihnen die Show.
Um 10 Uhr geht es für uns los. Fertig gestimmt und gerichtet wollen wir von der Royal British Legion in der Probe eine professionelle Arbeit abliefern. In der Hitze der Vormittagsonne folgt ein Durchlauf des Finales - und zwar gut.
Bis auf mein Bass Drone Reed, das zickt verflixt nochmal wieder.
Den Stress hatte ich mit meinen Selbies nie. 
So langsam verliere ich die Nerven.
Tränen fließen.
Ich will doch, dass meine Pipe sauber und schön klingt.

Gleich drei Leute sehen mich heulendes Elend und flitzen her.
Pipe Band ist Familie.
Simone baut mich auf,  macht mir Mut.
Bill - der Judge bei Competitions ist - untersucht sofort die Pipe und Jörg weiß schnell Bescheid.
Offenbar liegt es an den Drone Enhancers. Die sind zu fest eingestellt, so dass zu wenig Luft zum Anwerfen des Reed ankommt. Ein Stück Filz wird durch ein Papierchen ausgetauscht. Die Pipe kommt endlich in die Gänge. Hoffentlich...

Nach einem Durchlauf des Finales - es läuft gut - wird nochmal die komplette Show mit allen Akteuren durchgeführt. Nur noch wenige kleine Fehler passieren in der Massed Band. Uff...

Es folgen die Programmpunkte, die ich von einem Platz im Schatten anschaue.
Dann los zum Finale. Die Sonne brezelt runter. Schwitz!

Manche Abschnitte lässt der Music Director wiederholen. Mir graust es aber schon vor der Probe in der Mittagshitze. Der frische Teerbelag auf dem Platz klebt an den Schuhsohlen.
Doch kurz vor dem Ausmarsch wird angekündigt, dass die musikalische Leitung zufrieden mit uns ist. Wir haben mittags frei.
Vor lauter Erleichterung heule ich schon wieder. Dieses Mal aber glücklich. 
*Juhu, die Zeit nutzen wir zum dringenden Schlafen und Ausruhen.

Nach Mittagsschläfle und Entspannen gehen wir zum Umziehen.
Half dressed ist zuerst angesagt.
Die Schuhe nochmal Hochglanz aufpoliert, dann geht's zum Stimmen mit Pipe Major Adrian Brown. Super, Adrian strahlt auch ständig Ruhe aus. Es herrscht konzentrierte Geschäftigkeit, alles läuft glatt.

Eine Weile später treffen wir - in dem Fall alle Piper und Drummer des Basel Tattoos 2014 - uns am Rhein. Stuart Samson erklärt eine kleine Änderung bei "Ein Stern" im Finale.
Jetzt noch?
Au Backe.
Aber Stuart erklärt, ruhig und klar.
Alles richtig verstanden?
Wir reflektieren nochmals das Gesagte.
Hoffentlich haben alle den gestrichenen Takt kapiert. 

Am Rhein treffe ich Ingo und Schwiegermama ganz kurz und kann ihnen die Eintrittstickets geben. Muss aber schon wieder los, dem Rudel hinterher. 

Dann ist es endlich soweit. Die erste Show beginnt und wir stehen geschniegelt und fein herausgeputzt in der Aufstellung im Gang.

"Pipes and Drums, by the center, quick march"
Rolls...

Alles läuft super. Lampenfieber habe ich nicht, bin eher in konzentrierter Spannung. Der March on läuft musikalisch glatt, und auch das Dressing ist okay. Das Publikum gefällt es. Hey, was will man mehr?
Weiter geht's in das Set, mit dem »Pikemans March« in die Formation.  Es folgt »The old Danish Knife Grinder Song«, denn mit dem Slow March vorweg wirkt der Hornpipe dahinter -»Lucy Cassidy« - noch fetziger. Er ist saumäßig schnell, läuft aber ertaunlich gut von den Fingern.
Karin, konzentriere dich.
Immer schön punktiert spielen.
Und die Punktierungen übertreiben, so ist es gut.
Den Jig »Trevor Warnock« hinterher und dann kommt ein Break.
Es folgen der Drumsalut und der zweite Jig »Jig Ahoi«.
Geschafft :-)

Dann gibt es Romantik pur: Ein Pärchen lernte sich vor vier Jahren beim Tattoo kennen. Plötzlich legt der Schöne seine Pipe auf den Boden, geht rüber zu seiner Liebsten, kniet nieder, streckt Hayley einen Verlobungsring entgegen und macht ihr einen Heiratsantrag.
Ich höre es nur, darf mich ja nicht umdrehen.
Trotzdem ist die Szene sooo schön.
Sooo romantisch! 
Hinterher sehen wir die Bilder davon ♥ *schniff

Mit »The March of the Cameron men« und »March to be named« nehmen wir Abschied vom der Showplatz.

Bis zum Finale lümmeln wir herum, trinken Wasser.
Bill findet heraus was das Wörtchen »Pipi« bedeutet, wir witzeln herum.

Dann geht's los mit Celtic Crest zum Finale raus. Echt schön, das Stück das Christoph Walter geschrieben hat.

Es folgen der »Lonely Sheperd« mit Jonas an der Panflöte.
Genial!
Das Lied geht über in »Amazing Grace«, das wir eine Spur fetziger im Viervierteltakt spielen.

Einen Break haben wir, während die Orchester spielen (»Soldiers of the Queen«, »It's a long way to Tipperary«, »Pack up your troubles in your old kit-bag«, »Keel row«, »Road to the Isles«). 

Dann folgt die Schweizer Nationalhymne, gefolgt von »Evening Hymn & Sunset«.
»Oft in the stilly Night«, gespielt vom Lone Piper (ein Piper der Royal Air Force) geht unter die Haut.

Spannend wird es bei »Ein Stern der Deinen Namen trägt«.
Klappt die Änderung des Taktes wirklich bei allen?
Ja, das tut sie und ich sehe, wie Christoph Walter aufatmet und uns Musiker anstrahlt.
Daumen hoch.

Mit »We're no awa tae bide awa« tobt das Publikum und mit dem Basler Fasnetsmarsch verlassen uns die Blasorchester.

Wir Pipes & Drums verabschieden uns mit »Black Bear«, »Scotland the Brave« und »Highland Laddie« klassisch von unserem ersten Publikum. Ingo und Schwiegermami hatte es auch gefallen.


Noch ist die Arena leer.

Proben in der Mittagshitze

Das dürfte die Royal Air Force sein.

Und nochmal die RAF.

Ein klasse Marching der Australier.


2014 Juli 16 - Lange Proben

Mittwoch

Der Wecker klingelt früh um 6. Ab in die Dusche und runter frühstücken.
Um 8 müssen wir gerichtet und gestimmt in der Messehalle sein. Wir werden übrigens bestens versorgt und haben vor allem immer genügend Wasser.

Zehn Linien zu je neun Pipern stehen da. Dahinter folgen die Basses, Tenors und Snares.
Ich stehe meiner Linie auf dem vorletzten Platz. Vor und hinter mir flankiert von Sam und Mariusz, zwei erstklassigen Pipern aus England - ich fühle mich aufgehoben.

Wir beginnen gleich mit der Formation des Medleys. Die darf ich sicher noch nicht verraten, sieht aber gut aus. Ich stehe in der zweitvordersten Reihe, weil die drei letzten in der Linie für die Formation aufrücken müssen.
So weit vorne... aber ich gewöhne mich dran und gewinne Selbstsicherheit.
Stuart Samson erklärt und strahlt Ruhe aus.

Neben mir steht Damian, der mir sagt, dass er in diesem Jahr das Tattoo in Avenches pipe-musikalisch leiten wird. Ein Tag Show koste dort 20 Millionen Franken !!! - au weia.
Was kostet dann das Basel Tattoo? Kein Wunder sind die Tickets so teuer.

Mittags bekomme ich mein Cap Badge der Royal British Legion. Hier bin ich jetzt offizielles Mitglied. Ich befestige das Abzeichen noch am Glengarry. Jetzt bin ich für die Show gewappnet.

Ab dem Mittag proben wir mit allen Musikern das Finale im Tattoo-Areal.
Da hat es noch einige Patzer drin und zu meiner Verzweiflung spinnt wieder das Bass Drone Reed herum. Die einen setzen zu früh ein und reißen die anderen mit. Bei einer March on Probe läuft eine ganze Linie auf dem falschen Fuß. Kein Wunder, sie spielen auch eine Note versetzt. Eine andere läuft dafür zwei Noten versetzt und mich haut es im ganzen Wirrwarr schließlich auch aus der Spur.
Der Conductor Christoph Walter bleibt erstaunlich ruhig. Dann eben nochmal ran.

Auch die anderen Bands proben ihre Auftritte. Niedlich sind die Asiaten mit ihren Drachen. Da wird Ingo staunen. Die Australier sind witzig, singen ein Kinder-Bewegungslied, marschieren, spielen Rugby... echt toll. Fantastisch ist die RAF (Royal British Airforce) - die zeigte, wie Piping geht.

Ach ja, ich treffe Yoshimi die wir 2011 in Edinburgh kennen lernten.
Das Idol der Drummer, Dean Hall, ist mit der Scottish School aus Sydney da.
Peter Gies, Drummie von den Swiss Highlanders, ist ein alter Bekannter :-)

Abends ist das erste Dress Rehearsal und die Show läuft mit großem Potenzial zum Verbessern... zum Haare raufen. Je mehr wir proben, desto mieser wird es.
Akku leer?
Die armen Buben von der Scottish School in Sidney haben auch einen langen Tag. 

Es ist 1 Uhr als ich im Hotelzimmer in die Dusche flitze. Bäh, ich klebe überall.

Morgen müssen wir die Probe wahrnehmen, die für Notfälle mit Fragezeichen im Kalender steht.



Probe in der imposanten Messehalle